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Lauter schöne Sätze - Aus Liebe zu guten Büchern

Die verborgene Schönheit der Sterne - Karen Hilgarth

Die verborgene Schönheit der Sterne - Karen Hilgarth

Die verborgene Schönheit der Sterne – Karen Hilgarth

Es gibt seit einigen Jahren scheinbar untrügliche Qualitätsmerkmale für Bücher: Wie lange hatte der Leser es in der Hand? Wie schnell ist er durch die Seiten gerauscht? Hat er es bis zum Ende gelesen?

In meinem Fall kann ich, was dieses Buch betrifft, sofort und voller Überzeugung sagen: ja, es ist ein gutes Buch, denn ich habe es bis zur letzten Seite nicht mehr aus der Hand gelegt. Es hat mich ein Wochenende gekostet. Ich habe es nicht nur bis zum Ende gelesen, ich habe es sogar nochmal gelesen, um mir die Sätze, lauter schöne Sätze, auf der Zunge zergehen zu lassen.

Knapp 300 Seiten gute Literatur!

Das Buch erzählt vom unendlich Großen, vom unendlich Kleinen und von dem, was dazwischen passiert. Das unendlich Große ist das Universum, das unendlich Kleine sind die Teilchen aus dem Teilchenbeschleuniger in Genf und dazwischen gibt es die tragische Geschichte von Martina und Leonhard, den Pfarrer Jarek sowie die wundersame Geschichte von Mike und Jenny.

Leonhard, der renommierte Astrophysiker mit Ambitionen, deren Erfolg sich abzuzeichnen beginnt, wird von der Diagnose einer unheilbaren Krankheit aus der Bahn geworfen. Nichts hat mehr Bestand in seinem Leben und sein verzweifelter Versuch, Spuren in der Welt zu hinterlassen, reißt an der bisher so stabilen und verlässlichen Verbindung mit seiner Frau Martina, einer Sozialarbeiterin - gerade als Martina den Pfarrer Jarek kennengelernt hat.

Daneben gibt es die Geschichte des Obdachlosen Mike, der die Straße verlassen will und zu einem geregelten Leben finden möchte, der sich rettungslos dabei verliebt und dem die Liebe weiteren Auftrieb gibt.

Klar werden die Charaktere und ihre jeweiligen Dilemmata beschrieben.

Mich hat vor allem die Beschreibung von Leonhard, dem Astrophysiker, berührt. Die Entdeckung der Krankheit, wie Körper, Geist und Gedanken seziert werden und die Vielschichtigkeit der Emotionen, die eine solche Diagnose auslöst, sind ungeheuer realitätsnah und doch mit ungewöhnlichen Worten beschrieben.

Auch wie sich der Pfarrer Jarek in seiner Welt bewegt, in der die Gläubigen aussterben und die Jungen weglaufen, beschreibt Karen Hilgarth umfassend. (Ich liebe die Szene, wo Jarek am Bett einer sterbenden alten Dame sitzt.)

Die Autorin hat sich intensiv mit den Auswirkungen der Extremsituationen auf ihre Charaktere beschäftigt.

Der Bezug zum Universum, zur Astrophysik, zu Philosophie, zu Religion wird unter anderem mittels der Kapiteleinleitungen hergestellt.
Wir sind nur Staub in einem expandierenden Universum, aber die Dramen des Lebens lassen das Universum um uns herum zu Staub werden und stellen uns immer wieder in das Zentrum unseres eigenen, persönlichen Universums.
Das ist meine private Quintessenz aus der Lektüre dieses Buchs.

Mein Lieblingssatz von den vielen schönen Sätzen:

Plötzlich war da diese Umarmung und ein Kuss, der vielleicht nur die Wange verfehlt, aber doch den Mund getroffen hatte.

Von Karen Hilgarth habe ich gelesen, dass sie heute Astrophysik studieren würde. Aus meiner Sicht wäre Schriftstellerin ebenfalls eine hervorragende Berufswahl.

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